Spannender Rückblicke auf das Jahr 1123 – Heute Teil der Ortenau und Europas
Nachdem kürzlich in Windschläg ein Erinnerungsmonument aufgestellt worden war, haben vergangenen Samstag die eigentlichen Feiern des Dorfjubiläums begonnen. Bei der Auftaktveranstaltung in Windschlägs Festhalle stand das Dorf selbst im Mittelpunkt, während die Bürgerschaft und Gäste aus nah und fern am 22. und 23. Juli feiern werden.
Ortsvorsteher Ludwig Gütle konnte zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft begrüßen. Neben den Ehrengästen und Festrednern Dr. Wolfgang Schäuble MdB, Oberbürgermeister Marco Steffens und dem Historiker Dr. Heinz Krieg von der Universität Freiburg waren dies die Abgeordneten Johannes Fechner und Volker Schebesta sowie Bürgermeister und Ortsvorsteher, Stadt- und Ortschaftsräte, Vertreter der Kirchen, Schulen, Vereine und Organisationen und Sponsoren, die die Gemeinde immer wieder förderten. „Lasst uns diesen Geburtstag gebührend feiern“, war seine Ansage.
Launig, pointiert und hintergründig führte anschließend Matthias Drescher durch das Programm.
Umrahmt wurde die Veranstaltung vom Männergesangverein Windschläg, der erstmals das Windschläger Lied in einer neuen vierstimmigen Fassung zu Gehör brachte. „Großes Werk gedeiht durch Einigkeit“ – der Refrain des Liedes zog sich wie ein roter Faden durch die folgenden Redebeiträge.
Oberbürgermeister Marco Steffens nannte den Liedtext ein besonderes Zeichen und einen Mutmacher. Nur zusammen und ohne Aufgabe der eigenen Identität könne eine Dorfgemeinschaft mit Leben erfüllt werden. Windschläg, so sein Fazit, steht als besonders aktiver Ortsteil mit besten Strukturen und einem regen Vereinsleben gut da. Besonders beeindruckt habe ihn, wie in Windschläg im vergangenen Jahr die Heimattage gefeiert wurden und damit auch die Freiheitsstadt Offenburg wunderbar vertreten war.
Im Mittelpunkt des Vortrages von Dr. Heinz Krieg stand der Blick auf die Geschichte Windschlägs. Wenn Dörfer und Städte Geburtstag feiern, so beziehe man sich dabei in der Regel auf die erste urkundliche Erwähnung, zumal der eigentliche Beginn der Besiedlung oft im Dunkeln liegt, führte er aus.
Für Windschläg gebe es Nachweise schon aus der Bronzezeit. Kelten und Römer besiedelten die Gegend. „Geburtsurkunde“ ist ein in Straßburg gefertigtes kaiserliches Dokument der Bestätigung einer Schenkung Heinrichs V. an das Kloster Alpirsbach, für die ein „Rodolfus de Windisle“ als Zeuge unterzeichnet hatte. Wie im Mittelalter üblich, wechselten oft Ortschaften und Gebiete die Herrschaft. Eroberungen und Zerstörungen wurden weniger dokumentiert, als die Schenkungen an Klöster und Bistümer, da im Mittelalter in der Regel nur dort Dokumente geschrieben und Urkunden aufbewahrt wurden. Die fragliche Urkunde stammt übrigens aus einem sogenannten Kopialbuch aus dem Kloster Alpirsbach, war also eine Abschrift. Das Original befindet sich heute im Stift St. Paul im Lavanttal / Kärnten. Der Inhalt und der Nachweis der ersten Erwähnung des Dorfes im Jahr 1123, vor allem aber die Person Rodolfus de Windisle wurden durch mehrere weitere Urkunden belegt.
Ein Blick auf den Alltag im Mittelalter rundete den historischen Vortrag ab.
Dr. Wolfgang Schäuble stellte die Bedeutung der Ortenau für Europa heraus. Windschläg und die Ortenau waren früher aufgrund ihrer Grenznähe eher im Nachteil. Krieg und Leid war an der Tagesordnung. Auch als Napoleon das Großherzogtum Baden entstehen ließ, lebte die Bevölkerung nicht in Ruhe und Frieden. Damals hatte man neben Abgaben für die Feldzüge Soldaten zu stellen, die in großer Zahl gefallen sind.
Wolfgang Schäuble zeigte sich als glühender Verfechter der europäischen Idee. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei unsere Region endlich vom Rande in die Mitte Europas gerückt. Die Öffnung der Grenzen und der Austausch untereinander sei unverzichtbar. Die globalen Vernetzungen, ökologische Katastrophen und jetzt der Krieg mitten in Europa seien mehr als Grund genug, zusammenzurücken. Vor allem müsse man auch die Sprache des Nachbarn beherrschen, um sich im wahrsten Sinne des Wortes besser zu verstehen. Ein reger Austausch unter den Bürgern müsse stattfinden, da nur so der europäische Gedanke mitgetragen werde. Ohne aktive Beteiligung gibt es wenig Verständnis dafür, was sozusagen von oben aus Brüssel diktiert werde.
Das Engagement und die Meinung der Bürger sollten daher schon auf der unteren Ebene der Gemeinden eingebracht werden und die große Politik beeinflussen. Partnerschaften seien hierfür eine hervorragende Möglichkeit.
Nach diesen eindrucksvollen Vorträgen sorgten die Windschläger Kabarettisten von KaStöLuHu² – der Name entstand aus den Abkürzungen der Familiennamen der Akteure Markus Kapp, Martin Stöckel, Volker Lurk und der Gebrüder Huber, die leider krankheitsbedingt fehlten – mit ihrem Programm für Stimmung. Vor 30 Jahren gegründet, hatten sie damals zehn Jahre lang mit ihren Auftritten begeistert. In ihren Beiträgen ließen sie 30 Jahre Revue passieren. Wie war es früher? Die Antwort auf die Frage Besser? Schlechter? hieß „Anders“.
Viele gute Wünsche gab es für Windschläg zum Geburtstag. Die im Windschläger Lied beschworene Einigkeit und der Gemeinsinn sollte mit Selbstbewusstsein beim Vertreten der Interessen der Bürgerschaft zur Geltung kommen, so kann man diese zusammenfassen.
Am Ende der Veranstaltung dankte Ortsvorsteher Ludwig Gütle allen, die sich für diese Feier eingesetzt hatten und die das Festjahr geplant haben. Den Festrednern überreichte er eine große Tüte mit Lebensmitteln, die im Dorf produziert wurden.
Beim anschließenden Stehempfang gab es reichlich Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen.